INTERVIEW:
Dr. Philip Laubach-Kiani vom DuMont Reiseverlag
Vor geraumer Zeit hatte ich den Wunsch, auf YOURneys auch ernstere Themen zu behandeln. Aus diesem Grund entschied ich mich dazu, eine Interview-Serie ins Leben zu rufen, die sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz auf Reisen beschäftigt. Mir ist dabei wichtig, viele unterschiedliche Bereiche abzudecken und Menschen mit verschiedenen Blickwinkeln zu Wort kommen zu lassen.
Außerdem soll es nicht darum gehen, mit dem erhobenen Zeigefinger zu belehren. Das würde ich mir gar nicht anmaßen, immerhin reise ich selbst nach wie vor viel und das bei weitem nicht immer nachhaltig. Das bedeutet auch, dass ich öfter fliege als viele Menschen und somit einen schlechteren ökologischen Fußabdruck habe als viele andere – obwohl ich im Alltag auf viele Dinge achte, die diesen Fußabdruck verbessern.
Aus diesem Grund wollte ich sehen, was sich unterwegs machen lässt. Ich wollte auf die Suche nach Tipps gehen, die wir alle auf Reisen befolgen können und eine Artikel-Serie ins Leben rufen, die uns die Lust auf das Reisen nicht nimmt, sondern uns zeigt, was kleine Veränderungen in diesem Bereich schon bewirken können.
In den letzten Wochen habe ich mit verschiedenen Menschen gesprochen und werde auch weiterhin mit Leuten aus der Branche sprechen, denn diese Interview-Serie ist vorerst auf unbestimmte Zeit geplant. Wenn du also Anregungen oder Wünsche für bestimmte Themen oder Gesprächspartner hast, kontaktiere mich gerne 🙂
Interview mit Dr. Philip Laubach-Kiani vom DuMont Reiseverlag
Im zweiten Interview der Serie habe ich mit dem Chefredakteur des DuMont Reiseverlags gesprochen. Dr. Philip Laubach-Kiani berichtete von der Veröffentlichung und der Intention des Bildbandes „Unser Planet“, in dem nicht nur die Vielfalt der Erde gezeigt wird. Viel mehr weist das Buch zur gleichnamigen Fernseh-Dokumentation auch darauf hin, was wir tun können und müssen, um unsere Erde zu schützen.
Aus diesem Grund sprach ich mit Philip Laubach-Kiani auch über seine Sichtweise auf die Vereinbarkeit von Reisen und Umweltschutz und inwieweit der Bildband die Arbeit im Reisebuchverlag beeinflusst hat.
Herr Laubach-Kiani, Sie sind Chefredakteur im DuMont Reiseverlag. Eigentlich produzieren Sie also Bücher, die zum Reisen anregen bzw. dabei unterstützen. Was hat den DuMont Reiseverlag dazu gebracht, mit „Unser Planet“ ein Buch zu verlegen, das auch das Thema Reisen in ein anderes Licht rückt?
Der Bildband „Unser Planet“ erscheint begleitend zu der gleichnamigen Netflix-Dokumentation in insgesamt zwölf Ländern. Er wurde uns vor zwei Jahren auf einer Buchmesse als Projekt vorgestellt und im Gegensatz zu vielen anderen Bildbänden zu den Themen Umweltschutz und Erhaltung der Vielfalt geht es hier nicht um den erhobenen Zeigefinger. Stattdessen ist die Idee hinter dem Buch, zu zeigen, wie schön und vielfältig unsere Welt ist und was eigentlich auf dem Spiel steht. Außerdem wird gezeigt, wie sich Regionen – beispielsweise gewisse Regenwälder oder geschützte Meeresgebiete – wieder zum Positiven verändert haben, indem man auf die Erneuerungskraft der Natur gesetzt hat.
Dieser Ansatz, dass wir durchaus etwas tun können, wenn wir jetzt damit anfangen, hat uns gut gefallen.
Was möchten Sie mit der Veröffentlichung des Bandes denn bewirken?
Wir glauben, dass es wichtig für die Menschen ist, zu erkennen, was es zu schützen gibt. Jeder kennt das von sich: Wenn uns vor Augen geführt wird, was wir zu leisten im Stande sind, ist das oftmals motivierender als Regeln und Verbote allein. Wir wollen dafür sensibilisieren, dass jeder von uns seinen Teil zum Umwelt- und Artenschutz beitragen kann und dass wir uns nicht nur auf die Politik verlassen dürfen. Wir hoffen, dass der Bildband diese Botschaft transportiert.
Die Botschaft hinter dem Bildband lautet „Es ist noch nicht zu spät“. Auch die Buchvorstellung in Berlin läuft unter diesem Motto. Inwiefern wird diese Message im Buch aufgegriffen? Gibt es ein kritisches Vorwort?
Die Botschaft „Es ist noch nicht zu spät“ ist aus dem Vorwort des Buches hergeleitet, das von dem berühmtem Naturschützer und Dokumentarfilmer David Attenborough stammt. Ihm geht es eben genau darum, dass es noch nicht zu spät ist – auch wenn es immer wieder Studien und Forschungen gibt, die melden, dass gerade die Klimaerwärmung mittlerweile unumkehrbar ist und wir höchstens noch Schadensbegrenzung leisten können. Es geht darum, sich jede einzelne Region anzusehen und dann zu überlegen, was dort getan werden kann – bzw. eher, was gelassen werden muss. Denn meistens bedeutet der Schutz einer Region ja, dass man sie in Ruhe lässt, damit sie sich regenerieren kann.
Sie sprechen davon, dass „etwas besser zu tun“ im Umweltschutz oft bedeutet, etwas zu lassen. Inwiefern ist denn dann der Tourismus überhaupt noch mit dem Schutz unseres Planeten vereinbar – gerade auch mit Blick auf Fernreisen?
Das ist ein sehr schwieriges Thema. Auf der einen Seite bedeuten Reisen, und insbesondere Fernreisen, in der Regel, dass man fliegt und somit eine der Klimasünden schlechthin begeht. Da aber auch Schiffsreisen kaum besser sind, gibt es im Prinzip keine umweltverträgliche Art, in die Ferne zu reisen. Auf der anderen Seite bedeuten das Reisen und das Besuchen dieser im Bildband thematisierten Orte auch, dass man erkennt, welche Auswirkungen der Klimawandel tatsächlich hat und dass er nicht nur ein theoretischer Gegenstand irgendwelcher Studien ist. Die dramatischen Folgen einerseits, aber auch die schützenswerte Schönheit und Vielfalt unserer Erde andererseits mit eigenen Augen zu sehen, ist wahrscheinlich das motivierendste Erlebnis, das man haben kann.
Hier gibt es also definitiv einen Widerspruch aber ich bezweifle, dass die Lösung ist, dass wir gar nicht mehr reisen. Viel mehr denke ich, wir müssen uns fragen, wie wir nachhaltiger und verantwortungsbewusster reisen können und das ist in der Branche auch gerade ein großes Thema. Auch der Bildband beschäftigt sich genau mit diesem Bereich, greift aber auch andere Themen, wie Ernährung, Fleischkonsum, Energie und viele weitere auf.
Sie sprechen von verantwortungsbewussterem Reisen. Was meinen Sie damit?
Es gibt beispielsweise Kompensationsprogramme für den CO2-Ausstoß durch Flüge, an denen wir als Unternehmen auch teilnehmen wenn sich eine Geschäftsreise mit dem Flugzeug mal nicht vermeiden lässt. Das ist aber nur einer von vielen Wegen. Eine weitere Möglichkeit ist natürlich, zu schauen, welche tollen Destinationen es fernab von Fernreisen zu erkunden gibt. Wir haben beispielsweise mit „Eskapaden“ eine neue Reihe gestartet, die die Idee der Abenteuer vor der eigenen Haustür verfolgt. Es geht darum, ohne großen Aufwand die Region und Natur um den eigen Wohnort herum zu entdecken und dort kleinere Reisen und Touren zu machen. Die Resonanz auf diese Reihe zeigt uns, dass es nicht immer die Fernreise sein muss. Daneben gibt es beispielsweise die Möglichkeit, Bahnreisen zu machen – auch das ist ein Trend, den wir gerade erkennen.
Dennoch fördern Sie mit Ihren Produkten ja ein Stück weit den Tourismus und auch das Reisen in die Ferne. Inwieweit hat die Veröffentlichung dieses teilweise kritischen Bildbandes Auswirkungen auf die künftige Arbeit in Ihrem Verlag?
Das fing bereits vor der Veröffentlichung des Bildbandes an und macht sich auf vielen unterschiedlichen Ebenen bemerkbar. Wir beschäftigen uns aktuell beispielsweise mit den Verpackungen der Bücher: Ist es überhaupt nötig, die Bücher einzuschweißen? Wenn ja achten wir darauf, dass die Folien abbaubar sind und wir somit durch unsere Produktion möglichst gering zur Verschmutzung des Planeten und der Meere beitragen.
Lange Zeit hatten wir beispielsweise auch Plastikflaschen für die Mitarbeiter im Verlag. Mittlerweile sind wir auf einen Zapfhahn mit Glasflaschen umgestiegen, um weniger Plastikmüll zu produzieren. Das mögen Kleinigkeiten sein, doch auch das ist Thema des Bildbandes: Wenn jeder auf solche kleinen Dinge achtet, kommt sehr vieles zusammen. Es zeigt sich definitiv, dass das Bewusstsein für diese Dinge steigt und jeder von uns kann etwas beitragen.