Nachhaltig Reisen – Ein Widerspruch?

Nachhaltigkeit auf Reisen: Beitragsbild
INTERVIEW:
Dr. Thomas Schaefer vom Global Nature Fund

Vor geraumer Zeit hatte ich den Wunsch, hier auch ernstere Themen zu behandeln. Aus diesem Grund entschied ich mich dazu, eine Interview-Serie ins Leben zu rufen, die sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz auf Reisen beschäftigt. Mir ist dabei wichtig, viele unterschiedliche Bereiche abzudecken und Menschen mit verschiedenen Blickwinkeln zu Wort kommen zu lassen.

Außerdem soll es nicht darum gehen, mit dem erhobenen Zeigefinger zu belehren. Das würde ich mir gar nicht anmaßen, immerhin reise ich selbst nach wie vor viel und das bei weitem nicht immer nachhaltig. Das bedeutet auch, dass ich öfter fliege als viele Menschen und somit einen schlechteren ökologischen Fußabdruck habe als viele andere – obwohl ich im Alltag auf viele Dinge achte, die diesen Fußabdruck verbessern.

Aus diesem Grund wollte ich sehen, was sich unterwegs machen lässt. Ich wollte auf die Suche nach Tipps gehen, die wir alle auf Reisen befolgen können und eine Artikel-Serie ins Leben rufen, die uns die Lust auf das Reisen nicht nimmt, sondern uns zeigt, was kleine Veränderungen in diesem Bereich schon bewirken können.

In den letzten Wochen habe ich mit verschiedenen Menschen gesprochen und werde auch weiterhin mit Leuten aus der Branche sprechen, denn diese Interview-Serie ist vorerst auf unbestimmte Zeit geplant. Wenn du also Anregungen oder Wünsche für bestimmte Themen oder Gesprächspartner hast, kontaktiere mich gerne 🙂

 

Start der Interview-Serie mit Dr. Thomas Schaefer vom Global Nature Fund

Im ersten Interview habe ich mit Dr. Thomas Schaefer vom Global Nature Fund (GNF), einer unabhängigen internationalen Stiftung für Umwelt und Natur, gesprochen. Der GNF initiiert und realisiert seit vielen Jahren diverse Projekte zum Natur- und Umweltschutz, zur Erhaltung der Artenvielfalt und zur Förderung nachhaltigen Wirtschaftens. Dazu gehören neben Projekten in Deutschland unter anderem Initiativen zur Biodiversität in der Karibik, zur Erhaltung der Kulturlandschaft in Mittel- und Westeuropa und diverse Projekte in Afrika – unter anderem eine Kampagne gegen Gatterjagd auf Löwen. Dazu gibt es in einem späteren Interview mehr. Zunächst haben Thomas Schaefer und ich über die Frage gesprochen, inwieweit Tourismus und Umweltschutz überhaupt miteinander vereinbar sind.

Nachhaltigkeit auf Reisen: Thomas Schaefer
© Thomas Schaefer (GNF)

Herr Schaefer, Sie arbeiten für den Global Nature Fund und betreuen dort diverse Projekte zum Umwelt- und Naturschutz – auch in Tourismusdestinationen.
Welche negativen Auswirkungen des Tourismus auf die Umwelt beobachten Sie bei Ihrer Arbeit? Und gibt es auch positive Aspekte?
Das ist eine schwierige Frage, denn zum einen setzen viele Länder darauf, dass der Tourismus wächst. Gerade Entwicklungsländer versuchen, in diesem Bereich weiter voran zu kommen, Menschen aus anderen Ländern anzuziehen und ihnen die Schätze des Landes zu zeigen. Überall, wo man hinkommt, ist Tourismus eine der Hoffnungen der Zukunft. Manchmal macht mich das stutzig weil ich mich frage, wo die Touristen denn alle herkommen sollen. Aber die Zahlen zeigen ja, dass diese Branche stetig wächst.

Auf der anderen Seite wissen wir natürlich, dass dieser wachsende Tourismus – beispielsweise durch Flüge, aber auch durch die Belastungen vor Ort in den Ländern – nicht ohne Folgen bleibt.
Es ist leider nicht ganz einfach, hier den richtigen Mittelweg zu finden. Allerdings gäbe es ja bestimmte Steuerungsmechanismen. Gerade ist zum Beispiel die Kerosinsteuer in der Diskussion: Warum ist ausgerechnet Flug-Treibstoff von der Steuer befreit?

Sind Reisen und Umweltschutz denn dann überhaupt vereinbar?
Die Frage stellt sich bis zu einem gewissen Grad nicht mehr. Menschen reisen und der Tourismus ist ein Business, in dem immer neue Destinationen entwickelt werden. Wir stehen jetzt eben vor dieser Realität und müssen damit umgehen. Aber wir können einen Beitrag dazu zu leisten, dass der Tourismus möglichst schadlos verläuft…

Ist das für viele Reisende ein Thema? Ihre Reisen möglichst „schadlos“ zu gestalten?
Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass es vielen Touristen aus Deutschland (aber auch aus anderen Ländern) theoretisch wichtig ist, dass sie mit ihrem Urlaub im Zielland keinen Schaden anrichten. Im Gegenteil: Viele gehen davon aus, dass sie in manchen Ländern durch ihre Reise einen Beitrag zur Entwicklung leisten. Gleichzeitig ist aber auch belegt, dass die wenigsten Menschen sich vor einer Reise mit den Richtlinien zur Nachhaltigkeit im Reiseunternehmen, bei der Fluglinie und im Hotel befassen.

Also müssen wir uns besser informieren?
Genau. Wenn man das vorab macht, merkt man, dass das Angebot größer ist als man vielleicht denkt. Es gibt viele internationale Hotelketten mit sehr guten Nachhaltigkeitspolitiken. Oftmals arbeiten diese Hotels durch ihre nachhaltigen Strategien auch kostengünstiger – Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit laufen also Hand in Hand.
Dennoch ist in vielen Ländern vor Ort einiges schlecht organisiert: Oft fehlt eine vernünftige Abwasserentsorgung, die Mülltrennung funktioniert nicht richtig und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und Wasser ist problematisch. Touristen brauchen beispielsweise viel mehr Trinkwasser als Einheimische und das muss irgendwie gelöst werden, ohne dass die Menschen in den Ländern unter den Folgen leiden.

Der Wunsch vieler Touristen ist einerseits da, die Umsetzung aber oft schwierig.

Was sollte ich vor Ort beachten, um einen möglichst geringen Fußabdruck zu hinterlassen?
In erster Linie sind das viele Dinge, die wir auch zuhause tun: Das Wasser nicht laufen lassen, nur weil es pauschal bezahlt ist; möglichst wenig Müll hinterlassen und beim All Inclusive-Buffet nicht viel mehr auf den Teller laden als wir essen können – Stichwort „Food Waste“.

Aber auch bei Souvenirs gibt es einiges zu beachten: Dinge, die einen Schaden an der biologischen Vielfalt hinterlassen, sollten nicht gekauft werden – zum Beispiel gewisse Muscheln, Schnecken und Meeresbewohner, aber auch ausgestopfte Tiere und manchmal sogar bestimmte geschützte Hölzer.

Schließlich sollten wir auch auf Aktivitäten verzichten, die Umwelt, Mensch und Tier schaden. Es gibt schon einiges, was wir beachten können.

Nicht immer kann ich mich auf Infos verlassen, die ich vorab bekomme…
Leider wissen wir – gerade bei Touren – in der Tat oft nicht, was uns erwartet. Manchmal denkt man ja, man hat eine nachhaltige Aktivität gebucht hat und das stellt sich dann als Trugschluss heraus. Neben den Informationen der Anbieter selbst können aber auch Erfahrungen früherer Reisender, beispielsweise auf TripAdvisor, einen Eindruck geben.
Darüber hinaus können wir auch einfach vor Ort im Hotel einmal nachfragen: Wird mit erneuerbaren Energien gearbeitet? Wie läuft die Müllentsorgung? Wie funktioniert das Wassermanagement? Gibt es fair gehandelte Lebensmittel? Oft hören wir leider von den Hotels, dass es kaum Gäste gibt, die genau diese Fragen stellen…

Welche Plattformen und Seiten empfehlen Sie für die Recherche vorab?
Es gibt viele verschiedene Zertifikate für Hotels, wie Tour Cert oder Green Globe. Dass einem diese Zertifikate jedoch zufällig begegnen, wenn man online oder im Reisebüro eine Reise bucht, bezweifle ich. Wenn man jedoch Interesse an nachhaltigen Reisezielen hat, kann man sich auf Seiten wie dem Forum Anders Reisen informieren. Außerdem gibt es mittlerweile viele Reiseveranstalter und Hotels, die bestimmte Dinge ausschließen oder berücksichtigen. Aber auf solche Richtlinien wird selten verwiesen; wir müssen schon aktiv Ausschau danach halten…

3 Kommentare zu „Nachhaltig Reisen – Ein Widerspruch?“

  1. Pingback: puretreks* - Nachhaltig und klimabewusst reisen mit Puretreks

  2. Pingback: Nachhaltig Reisen: Tierschutz auf Reisen und die Gatterjagd in Südafrika | WANDERS of MANAO

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